Interview mit Berber Schönholzer, Senior Iyengar Yoga-Lehrerin in den Niederlanden.
Seit über 30 Jahren übt, studiert und unterrichtet Berber Schönholzer, Gründerin und Inhaberin von Iyengar Yoga Zeeburg (IYZ) Amsterdam, Iyengar Yoga. Alle zwei Jahre reiste sie nach Indien, um ihr Studium am Ramamani Iyengar Memorial Yoga Institute (RIMYI) in Pune, Indien, fortzusetzen. Seit 2015 hält sie das Intermediate Senior III Certificate und ist Mentorin für alle, die Lehrer werden wollen. An einem windigen Tag im Mai habe ich sie zu Hause in Waterland bei Amsterdam besucht und mit ihr über ihren Yoga-Weg und die Begegnungen mit BKS Iyengar gesprochen.
Foto: Dhanurasana, Berber Schönholzer.
Claudia Lamas Cornejo: Zurück zu den Anfängen, liebe Berber, wie bist du zum Yoga gekommen?
Berber Schönholz: Ich studierte an der “Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten (AHK)” Abteilung Dansexpressie (Ausdruckstanz) und dort habe ich eine Yogastunde bekommen, Iyengar Methode. Es hat gleich gewirkt. Nach viel Tanztraining, Improvisation und Vorführungen war Yoga für mich nach innen gerichtete Energie. Ich meine damit: Das Erfahren von tieferen Eindrücken, anstelle von "etwas auszdrücken". Das hat mir sehr gefallen und gut getan.
CLC: Kannst du dich noch an deine erste Begegnung mit BKS Iyengar erinnern? Wenn ja, wo war das und wie lief das ab?
BS: Im Jahr 1984 hielt Guruji einen Vortrag und gab eine Vorführung in der Halle des Hotels Sonesta in Amsterdam. Ich habe diese Gelegenheit leider verpasst. Das erste Mal sah ich Herrn Iyengar 1987, als er im Cosmos, einem spirituellen Zentrum in Amsterdam, einen Workshop gab, um das erste niederländische Institut zu eröffnen. Während wir auf seinen Auftritt warteten, bat uns unser Lehrer, das Asana Supta Virasana einzunehmen. Wir warteten eine lange Zeit in diesem Asana. Meine Beine begannen sich taub anzufühlen, an einem bestimmten Punkt spürte ich meine Beine nicht mehr. Mr. Iyengar betrat die Halle und sagte: "Stehen Sie alle auf". Da ich in diesem Moment kein Gefühl mehr in den Beinen hatte, war es nicht so einfach, aufzustehen. Die Organisation schenkte Herrn Iyengar ein wunderschönes Blumenmandala um den Hals. Er bedankte sich dafür und legte es sofort ab, um mit dem Unterricht zu beginnen. Ich war Ende zwanzig und begann unmittelbar danach mit der Lehrer-Ausbildung. Ich war eine glückliche junge Mutter und Yoga wurde ein Juwel für mein Leben. Guruji lebte vom 14. Dezember 1918 bis zum 20. August 2014. Stell Dir vor, Guruji war 69 und ich war 29, als ich ihn im Herbst 1987 zum ersten Mal sah. Er war 95 und ich war 55 Jahre alt, als er starb. Er war 26 Jahre Teil einer sehr wichtigen Zeit meines Lebens.
Fotos: BKS Iyengar und seine Schülerinnen und Schüler in den 1980er/90er Jahren.
Was für ein langes Leben er hatte, was für eine Lebenskraft! Ich erlebte BKS Iyengar als einen sehr erfinderischen, hart arbeitenden und charismatischen Mann!
CLC: Was ist für dich persönlich das Prägendste, was BKS Iyengar zu dir gesagt oder dir gezeigt oder beigebracht hat?
BS: Herr Iyengar hat mal geäussert, dass Yoga “the path to ultimate freedom” ist. (Der Weg zur absoluten Freiheit). Das hat mich gleich fasziniert. Was könnte das alles beinhalten? Und er sagte und lebte “live happily and die majestically”. Er inspirierte mich dazu, das “Volle” zu leben, was das auch immer sein würde. Auf jeden Fall hat er motiviert, um die Übungspraxis immer auf´s Neue zu vertiefen. Keine Herausforderung auszulassen, um Yoga, diese objektive Kunst zu transfomieren bis hin zur Erfahrung einer subjektiven Kunst. Das ist eine Erfahrung der tiefen Hingabe und Einsicht.
BKS Iyengar im Alter von 92 Jahren in seiner Schule in Pune, Indien. Foto: S. Karmarkar RIMYI.
CLC: Also, hat Yoga dein Leben verändert, inwiefern genau?
BS: Es hat mir Erfahrungen gegeben, wie Körper und Geist zusammenkommen, besser zusammen wirken können und so manchmal “Eins” werden können. Yoga hat mir Stabilität, Lebensenergie und Freude gegeben. Mich tolerant gemacht gegenüber dem Leben in jeder Hinsicht und mir gegenüber meinen Mitmenschen mehr Mitgefühl gelehrt.
CLC: Seit vielen Jahren(zehnten) bildest du als Mentorin den Iyengar Yoga-Nachwuchs in den Niederlanden aus, was ist dir dabei besoders wichtig?
BS: Wichtig ist die Erkenntnis, dass wir alle Praktizierende sind und wir uns alle leicht mit objektivem Wissen und mentalen Konzepten identifizieren. Wichtig ist, uns klar zu machen, dass wir alle ehrlich weiter suchen müssen, egal auf welcher Ebene und in welchem Alter. Innerer Frieden kann gefühlt werden. Diese Momente des Friedens sind flüchtige Einblicke in so etwas wie unsere ewige Seele.
Foto: Berber bildet als Mentorin zukünftige Iyengar Yoga-Lehrerinnen- und Lehrer aus.
CLC: Was ist dein Wunsch oder deine Hoffnung für die weitere Entwicklung und Transformation des Iyengar Yoga?
BS: Ich wünsche mir, dass wir nicht aufhören, zu studieren, um die Kunst, Wissenschaft und Philosophie des Yoga zu verstehen, und dass wir das, was wir verstanden haben, weitergeben.
Claudia Lamas: Danke für das Gespräch!
Berber Schönholzer: Danke dir!
Claudia Lamas Cornejo ist selbstständige PR-Managerin, Iyengar-Yoga-Praktizierende und -Lehrerin.
Ihr Projekt "Iyengar Yoga Blog" verfolgt das Ziel, Themen rund um das Studium und die Praxis des Yoga zu beleuchten, Übungstipps zu geben und verschiedene Stimmen der Iyengar Yoga Gemeinschaft zu Wort kommen zu lassen:
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