Martin Núñez, Lehrer am Iyengar Yoga Institut und Iyengar Yoga Zentrum Berlin erzählt im Gespräch über seinen Yoga-Weg und worauf es ihm in seinen Klassen ankommt.
claudiyengar: Wie bist Du zum Yoga und vor allem zum Iyengar Yoga gekommen?
Martin Núñez: Zum Iyengar Yoga bin ich durch einen Freund gekommen, dem ich unendlich dankbar dafür bin. Doch der Reihe nach: Als Kind war ich unsportlich und ängstlich. Zwar habe ich mich schon als Jugendlicher für „Mysthisches“ und asiatische Philosophien interessiert, aber nie Zugang dazu gefunden. Sicherlich war diese innere Unruhe daran Schuld, die ich heutzutage in Patanjalis Yogasutren erklärt finde.
So habe ich mich lange durch das Leben treiben lassen, oft ziellos, vieles ausprobiert und mich oft verzettelt. 2005 kam ich das erste Mal mit Iyengar Yoga in Berührung dank des bereits erwähnten Freundes. Der lebte zu der Zeit in Madrid und hatte dort die Ausbildung gemacht. Er räumte auch meine Vorurteile Yoga gegenüber aus dem Weg, nur Schlangenmenschen oder Balletttänzer könnten Yoga machen. Es dauerte aber noch ein wenig, bis der Funke zu einem Feuer wurde, obwohl dieser Freund mich hin und wieder unterrichtete.
2010/11, in einer für mich schwierigen persönlichen Situation tauchte wieder dieser Freund auf, dieses Mal in Berlin und hielt mir symbolisch einen Spiegel vor die Nase, und erwähnte das Iyengar Yoga Institut Berlin. Er schleifte mich mit, gemeinsam nahmen wir an einer Anfängerklasse teil- und dieses Mal sprang der Funke über. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, ging in alle möglichen Klassen am IYIB. Der Pfeil hatte mich also direkt im Herz getroffen. Denn das war etwas, das nicht nur oberflächlich bleibt, sondern immer tiefer wirken kann.
Außerdem hatten die Lehrer dort alle ihre bürgerlichen Namen behalten, keine hatte sich irgendwelche pseudo-indischen Künstlernamen zugelegt. In die Klassen gingen ganz normale Leute, auch viele, die genau so steif waren, wie ich oder sogar noch steifer und alle ihre Probleme mit sich schleppten. Hinzu kamen diese direkten und klaren Anweisungen der Lehrer, die ich verstand – vor lauter Arm-und Beinstrecken kam ich gar nicht mehr dazu, der Masseninvasion von Gedanken in meinem Geiste Beachtung zu schenken. Das war und ist es, was ich an Iyengar Yoga so sehr schätze. So stand ich also zwar immer noch am Fuße des Berges, dessen Pfade total überwuchert sind, aber nun hatte ich eine Machete in der Hand mit Instruktionen, um meinen eigenen Weg zu finden und mir zu bahnen, den Berg hinauf…
claudiyengar: Warum hattest Du Dich für die Ausbildung entschieden?
Martin Núñez: Die Entscheidung für die Ausbildung war eine logische Konsequenz. Ich wollte immer mehr Üben und auch das Üben intensivieren. So nahm ich an mehreren Yogasamstagen am IYIB teil, sogar als Gast bei einigen Yogawochenenden, obwohl diese noch viel zu hoch für mich waren. Es ging mir bei der Entscheidung damals übrigens gar nicht um das Unterrichten – ich glaubte nicht wirklich daran, die Prüfung zu bestehen und dann zu unterrichten, aber ich wollte diese intensive Auseinandersetzung mit meinem Körper und mit mir selbst. Das war oft grenzwertig. Letztendlich habe ich es unerwarteter Weise nach drei intensiven Ausbildungsjahren geschafft. Noch viel unerwarteter für mich war es, dass mich die Lehrer am Institut fragten, ob ich dort unterrichten wollte. Damit hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet.
claudiyengar: Wie hat sich Dein Zugang zum Yoga durch die Ausbilung und im Anschluss daran verändert? Welche Entwicklung hast Du an Dir wahr genommen? Womit hättest Du nicht gerechnet?
Martin Núñez: Iyengar Yoga und die Ausbildung haben mir eine gewisse Erdung verschafft, die ich vorher nicht hatte. Und ich bin für meine Verhältnisse ruhiger geworden. So wie ich niemals geglaubt hätte, jemals Padmasana zu „können“ (ein sehr relativer Ausdruck!) und es dann doch irgenwann zumindest annähernd klappte, hätte ich auch nie geglaubt, so viel zu unterrichten, wie ich es heute mache. Dafür habe ich mich von anderen Dingen verabschiedet. Auch damit hatte ich nicht wirklich gerechnet. Jetzt zeichnet sich ein Weg vor mir ab, sicherlich oft schwierig und steinig, viele meiner „Schattenseiten“ beweisen sich als sehr hartnäckig und ich merke immer wieder, wie sehr ich erst am Anfang stehe, aber da ist er, der Weg.
Während der Ausbildung habe ich mich neu verliebt, mittlerweile habe ich eine bezaubernde kleine Tochter- also lauter Veränderungen und Herausforderungen.
claudiyengar: Du unterrichtest viele Anfänger_innen – was macht Dir Spass an der Arbeit mit Yoga-Neulingen und Einsteigern?
Martin Núñez: »Iyengar Yoga holt die Leute da ab, wo sie sind und wie sie sind«, hat mir mal jemand begeistert gesagt. »Du wirst merken, dass Yoga Dein Leben immer mehr verändern wird«, ein anderer. Beides ist sehr wahr, und das schätze ich an Iyengar Yoga. Jeder kann Yoga machen, egal, ob sportlich oder unsportlich, dick oder dünn u.s.w. Und wenn dieser Funke überspringt, dann beginnt sich wirklich auch etwas im Leben zu verändern, wenn man nur dran bleibt. Ich habe das selber erlebt, und es ist eine ehrenvolle Aufgabe, dieses anderen Anfängern näher bringen zu dürfen. Gerade Anfänger sind in gewisser Weise auch immer ein Spiegel für den Unterrichtenden.
Natürlich sind alle Menschen verschieden, einige sind steifer, andere unkonzentrierter bzw. unaufmerksamer, andere ängstlicher. Dies alles sind Dinge, die wir Unterrichtenden ja auch von uns selber kennen, und doch ist es eine Herausforderung, im Rahmen einer Klasse alle mitzureißen und zu versuchen, jedem etwas mitzugeben – das begeistert mich!
claudiyengar: Wie würdest Du Deinen Unterricht beschreiben bzw. was ist Dir in Deinem Unterricht besonders wichtig, worauf legst Du Wert?
Martin Núñez: Aufmerksamkeit ist mir sehr wichtig, dies hat ja auch mit Achtsamkeit zu tun, und ich weiß von mir, wie gut und richtig es war, dass mich immer wieder meine Lehrer zu mehr Aufmerksamkeit ermahnt haben. Ich möchte versuchen, meine Schüler ganz und gar in den Raum, in die Stunde, in die Asanas zu holen. Obwohl ich, wie schon erwähnt, selber noch ganz am Anfang stehe, fühle ich, dass Yoga ein Weg ist, der uns sehr viel inneren Reichtum wie Ruhe und Ausgeglichenheit und viele weitere Schätze bereithält. Wir müssen nur anfangen, ihn zu gehen. Ich hoffe, dass es mir gelingt, diese Begeisterung an möglichst viele weiter zu geben.
Martin Núñez unterrricht Sonntags, 10-11.30 Uhr eine Klasse der Stufe 1/2 im Iyengar Yoga Zentrum Berlin. Mittwochs und Freitags unterrichtet er Anfängerinnen und Anfänger am Iyengar Yoga Institut in Berlin-Mitte.
Alle sind herzlichen wilkommen!
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